Bewertung, Entwertung und Erniedrigung:

Die zentralen Ängste unserer zwischenmenschlichen Biologie

 

Die Entkoppelung zwischen den in unserem Kopf aufgebauten Angstszenarien und dem durch das emotionale System aktivierten körperlichen Angstzustand führt dazu, dass wir sowohl mit dem Einen wie auch dem Anderen nicht sonderlich gut umgehen können. In unserem Kopf findet eine sich fortlaufend wiederholende gedankliche Beschäftigung mit der Bedrohung statt - man nennt das auch Grübeln. Und falls wir unsern körperlich aktivierten Bedrohungszustand wahrnehmen, dann vor allen Dingen als körperliches Krankheitssymptom.

Denn auch mit unserer zwischenmenschlich aktivierten Angst beschäftigen wir uns nicht. Genau wie im steinzeitlichen Dschungel leitet uns unser emotionales System mit unserer Aufmerksamkeit fort von der Angst. Stattdessen beschäftigen wir uns mit potentiellen Gefahren sowie mit unseren Möglichkeiten und Waffen zu deren Abwehr. D.h. auch in den zwischenmenschlichen Situationen unseres heutigen Alltagslebens gehen wir nicht auf unsere Angst zu, sondern richten unsere Aufmerksamkeit der dessen auf die Objekte der Angst und unsere Möglichkeiten, damit umzugehen. Wir beschäftigen uns mit dem bedrohlichen Chef oder den schwierigen Kollegen, mit den Kindern, deren Erziehung uns aus den Händen geglitten zu sein scheint. Oder mit den Konflikten, die wir mit unserem Partner, unseren Eltern oder unsere Nachbarn ausfechten. Die biologisch angelegte Strategie unseres Gehirns weist immer weg von der Angst und hin zu vermeintlichen Lösungsmöglichkeiten und wie die verräterische Wortwahl offenbart, geht es hierbei in aller Regel um Kampfszenarien. Ausfechten und durchsetzen sind militärische Begriffe.

Auch bei den genannten Konfliktszenarien werden die angestrebten Lösungsmöglichkeiten mit dem Erwerb von Macht und Stärke in Zusammenhang gebracht. Als 2. Möglichkeit mit der Strategie der Unterwerfung, was ebenfalls sehr militärisch klingt - und in letzter Konsequenz mit Flucht und dem Ende einer Beziehung. Die biologischen Grundlagen unserer zwischenmenschlichen Beziehungsgestaltung werden jedoch in keinem Fall mit den eigentlich auslösenden Gefühlen von Ohnmacht, Kleinheit und Angst vor Beziehungsverlust in Kontakt treten.

Und genau hierin liegt der Schlüssel von friendly-pressure, der bewussten und gewählten Abkehr von nicht funktionierenden Strategien der Konfliktbewältigung, indem ich mit einer wahrnehmenden Perspektive auf meine Gefühle von Kleinheit und Verletzbarkeit zugehe. Dies wird für mein Gehirn letztlich auch nach jahrelangem Training immer absurd erscheinen, aber bemerkenswerterweise liegt genau in diesem Hindurchgehen durch die Akzeptanz von scheinbar überwältigend bedrohlichen Gefühlen der Zugang zu dem, was wir uns häufig wünschen: Gelassenheit. Gelassenheit kann ich in diesem Zusammenhang auch übersetzen mit: Ich habe es einfach gelassen. Ich beobachte und handle nicht und wenn ich gefragt werde, dann verbleibe ich in dieser beobachtenden Grundhaltung und beschreibe mich dann selbst. Dies wird im Kapitel über die Ich-Botschaften weiter vertieft.